Sonntag, 27. Juli 2014

[HÖRBUCHREZENSION] Verdorbenes Blut




Titel: Verdorbenes Blut
Originaltitel: Cain’s Blood
Autor: Geoffrey Girard
Reihe: nein
Spieldauer: 07 Std. 04 Min.
Sprecher: Dietmar Wunder
Kaufen bei Audible: Verdorbenes Blut
Bewertung: ♥♥♥♥♥••••

 

Seiten: 400
Preis: 14,99€
Verlag: Bastei Lübbe
Kaufen bei Amazon: VerdorbenesBlut



Das Böse ist dir näher, als du ahnst...

Aus einer Einrichtung für gewalttätige Jugendliche sind sechs Jungen ausgebrochen. Ex-Militär Shawn Castillo wird eingeschaltet, um sie zu finden und zurückzubringen. Schnell entdeckt er, dass hinter der Fassade der "therapeutischen Einrichtung" ein fragwürdiges Projekt steht und die Ausreißer keine gewöhnlichen Jungen sind: Sie tragen Namen wie Ted Bundy, Jeffrey Dahmer, Dennis Rader - und sind die exakten genetischen Kopien dieser berüchtigten Serienmörder. Sie sollen das Böse in Reinform in sich tragen. Sie sollen den sicheren Tod bringen. Und sie sind mitten unter uns... 




Ich muss sagen, dass ich am Anfang etwas skeptisch war, was den Sprecher betrifft. Seine Stimme hat mir bei der Hörprobe nicht sonderlich zugesagt, aber ich brauchte dringend ein Hörbuch, dass ich während einer arbeitsreichen Nacht hören kann, und wobei ich nicht einschlafe. Also habe ich mir Verdorbenes Blut bei Audible besorgt und habe dann nach wenigen Minuten festgestellt, dass die leicht wahnsinnige Stimme und Intonation von Dietmar Wunder einfach perfekt zur Geschichte gepasst hat.
Prinzipiell gefällt mir stellenweise Untermalung mit Musik ja ganz gut, doch als nach einigen Minuten, wie aus dem Nichts, bei diesem Hörbuch eine Spieluhrmelodie ertönte, die ich Nachts um halb drei so gar nicht zuordnen konnte und die so perfekt eingebaut war, das mein übernächtigtes Ich sehr lange gebraucht hat um zu realisieren, dass diese Melodie zum Hörbuch gehört, war ich auf jeden Fall wieder wach. Danke Lübbe Audio for scaring the crap out of me! :D
Fazit: Insgesamt ist die Gestaltung des Hörbuches perfekt gelungen.


Alles fing mit Erbsen an.


In einem geheimen Labor in Pennsylvania wurden Menschen anhand der DNA berühmter Serienkiller geklont. Man untersucht, wie sich das soziale Umfeld auf die Kinder und Jugendlichen auswirken kann und ob wirklich nur die DNA allein daran schuld ist, ob aus einem Serienkiller ein Serienkiller wird. Die einen werden misshandelt und vernachlässigt, die anderen werden in normale Familien gesteckt, wo sie Fürsorge und Liebe erfahren. Alles in der Hoffnung eine medikamentöse Behandlung gegen das genetisch bedingt Böse zu finden. Doch eines Tages brechen einige der Klone aus dem Labor aus und lassen ihren Trieben freien Lauf.

Shawn Castillo, unser Protagonist, ist ein traumatisierter Soldat, der erst kürzlich aus dem Krieg zurückgekehrt ist. Er hat eine leicht verkorkste Beziehung hinter sich und scheint sich nicht recht in sein neues Leben einfügen zu können. Er hat offenbar nichts zu verlieren und ist daher ein perfekter Agent, der wie geschaffen scheint für die Aufgabe die entlaufenen Serienkillerklone wieder einzufangen.

Dieses Buch ist wirklich nichts für schwache Nerven. Es werden verschiedene Sichtweisen beschrieben, zum einen sehen wir das Geschehen aus der Sicht von Castillo, teilweise aus der Sicht von Wissenschaftlern und teilweise auch aus der Sicht der Serienkillerklone.
Und vor allem Letztere hat es in sich. Die Szenen sind wirklich heftig und schockierend. Stellenweise war es für mich als doch recht abgehärteter Horrorfan sogar zu heftig, sodass ich das Hörbuch kurz ausschalten musste, bevor ich weiter hören konnte. Aber insgesamt wurde so die psychotische Fantasie der Jugendlichen dadurch absolut perfekt dargestellt. Schonungslos, ehrlich und ohne Kompromisse. Wer nicht damit klar kommt, dass beschrieben wird, wie sich an Leichen vergangen wird oder wie Menschen aufgeschlitzt werden, sollte auf jeden Fall die Finger von diesem Buch lassen.
Geoffrey Girard erzählt die Geschichte in einem sehr rasanten Tempo. Dadurch wird die Spannung scheinbar unermesslich hoch. Ich habe das Hörbuch in nur einer Nacht beinahe komplett durchhören können, weil ich mich zu keiner Zeit gelangweilt fühlte. Die Erzählweise ist schonungslos, realistisch, ein wenig verkorkst, aber insgesamt wirklich großartig.

Sehr erfrischend war, dass es immer wieder einen kurzen Ausflug in die Geschichte der Genetik und in deren Forschung gab. Vor allem die Geschichte von Mendel und dessen Erbsenzucht war sehr interessant und hat mein Wissen wieder etwas aufgefrischt. Diese Stellen wurden so gut verpackt, dass sie keineswegs langweilig wirken und dezent neues Wissen vermitteln, oder altes Schulwissen wieder auffrischen. Man hört noch einmal von Dingen über Dolly, genetischen Codes und Vererbungslehre, was für mich persönlich sehr interessant war und dem Buch noch einen leicht wissenschaftlichen Touch verpasst hat. Ich habe wirklich selten einen Thriller gelesen, der neben dem ganzen Blut und Gemetzel dermaßen viel zu bieten hat und solch interessante Denkanstöße gibt.
Das Buch beschäftigt sich mit sehr brisanten und spannenden Themen. Es wird erforscht, was geschieht, wenn man einen Serienkiller zu rein wissenschaftlichen Zwecken klont. Kann man das Wesen des Killers genetisch durch Erziehung oder ein anderes Umfeld verändern? Wie weit darf man als Wissenschaftler gehen, um zu erforschen, wie man Krankheiten oder andere Dinge heilen kann, ohne gleich gottgleich zu werden? Wo ist die Grenze zwischen Forschung und Folter? Diese Themen regen auf jeden Fall zum Nachdenken an und ich bin sicher, dass wenn man sich zuvor noch nicht mit diesem Thema beschäftigt hat, tut man es nach diesem Buch mit Sicherheit.

Was mir jedoch nicht so gut gefiel, war die Flut an Namen und Charakteren. Ich muss gestehen, dass ich, sobald bei einem Hörbuch mehr als 5 oder 6 Figuren eine Rolle spielen und ich deren Namen nur gehört habe, generell ein Problem habe sie zuzuordnen. Doch das verläuft sich dann im Laufe der Geschichte meistens, weil die eine eh nie wieder auftaucht, bei einem anderen erfährt man Schrittweise, wo er hingehört. Doch bei Verdorbenes Blut war das gefühlt ein pures Chaos. Was einerseits daran liegt, dass es mehrere Instanzen gibt, die in der Geschichte eine Rolle spielen, und zu der jeweils verschiedene wichtige und auch unwichtige Figuren gehören, die ich mir nicht alle merken konnte. Und auch daran, dass die Jugendlichen oft entweder mit Vornamen, Nachnamen oder teilweise auch mit ihren Serienkillervorbild angesprochen werden, und hier hatte ich beim besten Willen nicht auf dem Schirm, welche drei Namen jetzt zu wem gehören.
Das führte für mich auch dazu, dass die Charaktere allesamt etwas blass wirkten. Zwar kann man bei einer Flut von Figuren nicht verlangen, dass jede bis ins Detail beschrieben wurde, doch zumindest bei Castillo und seinem Schützling hätte ich etwas mehr Tiefgang erwartet und nicht den klischeemäßigen traumatisierten Auftragskiller, der noch jede Menge Drama zu bewältigen hat.

Das größte Problem mit der Geschichte hatte ich jedoch zum Ende hin. Es werden im Verlauf einige Handlungsstränge aufgeworfen, die zwangsläufig ja irgendwo zusammenlaufen müssen. Und der Hinweis, dass Castillo aus dem Irak zurückgekehrt ist, deutete schon darauf hin, dass irgendwo mit Sicherheit da dann noch etwas kommt. Jedoch schien die Verbindung zwischen den Serienkillerklonen und dem Irak für mich dermaßen weit hergeholt, dass ich – ich kann es nicht anders sagen – regelrecht enttäuscht war von dem Buch.
Bei mir blieb das Gefühl zurück, als hätte der Autor nicht ganz genau gewusst, wo er den Schwerpunkt setzen sollte. Eine Geschichte, in der es im die Jugendlichen allein geht, hätte meiner Meinung nach vollkommen gereicht. Als es in dem Buch auch größtenteils nur um dieses Thema ging, war ich mehr als zufrieden mit der Geschichte. Denn ein dermaßen erschreckendes und spannendes Buch/Hörbuch habe ich schon lange nicht mehr in den Händen gehabt. Die Verbindung zum Krieg wäre gar nicht nötig gewesen, um einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen.
Das gleiche gilt für die verkorkste Beziehung Castillos. Diese hat zwar nicht genervt, wirkte aber trotzdem irgendwie überflüssig. Auch wenn die Frau (deren Namen ich schon wieder vergessen habe. Soviel zum Namenschaos :D ) ihm dabei hilft den Fall aufzuklären, hätte man alles drum herum getrost weglassen können. Für mich wirkte das nur so, als ob auch noch dem letzten Leser reingewürgt werden musste, wie traumatisiert und kaputt Castillo eigentlich ist.


Verdorbenes Blut ist ein wirklich gelungenes Werk, das tief in die Psyche von Serienkillern blicken lässt und einige interessante Denkanstöße zum Thema Vererbungslehre bietet. Eigentlich ist das Buch durchweg spannend und sehr detailliert beschrieben, jedoch ist die Zusammenführung der Handlungsstränge etwas missglückt und hat mir das Ende leider ziemlich verdorben. Auch hier hätte der Fokus auf ein Thema gut getan und das Buch noch eindrucksvoller werden lassen.
Von mir gibt es insgesamt fünf von zehn Cupcakes.



1 Kommentar:

  1. Hey du, ich habe dich getaggt und würde mich freuen, wenn du mitmachen magst:-)
    Lg Petra

    http://papierundtintenwelten.blogspot.de/2014/07/its-tag-time.html

    AntwortenLöschen